Unternehmen dürfen Kundenkommunikation nicht über Social-Media-Accounts ihrer Mitarbeiter führen

Das Landgericht Baden-Baden hat mit Urteil vom 24.8.2023, Az. 3 S 13/23, ein Unternehmen verurteilt, die Namen seiner Mitarbeiterin nach Art. 15 DSGVO im Rahmen des Auskunftsanspruchs zu nennen, die einen Kunden über deren privaten Social-Media kontaktiert hatten.

Sachverhalt

Hintergrund war, dass der Kunde bei dem Unternehmen einen Fernseher und eine Wandhalterung gekauft hatte. Der Kunde gab die Wandhalterung zurück. Dabei wurde versehentlich der Kaufpreis für den wesentlich teureren Fernseher zurückerstattet. Daraufhin kontaktierte eine Mitarbeiterin des Unternehmens den Kunden über ihren privaten Social-Media-Account und wies auf den Fehler hin. Sie bat den Kunden darum, sich zu melden. Namen und Anschrift hatte das Unternehmen bei dem Kauf erfasst, aber offenbar keine E-Mail-Adresse oder Telefonnummer, sodass die Mitarbeiterin offenbar den Kunden einfach googelte und dann über das soziale Netzwerk kontaktierte.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht entschied, dass das Unternehmen als Verantwortlicher i.S.v. Art. 4 Nr. 7 DSGVO verpflichtet ist, im Rahmen des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO die Namen der Mitarbeiter zu nennen, welche den Kunden kontaktiert hatte. Das Amtsgericht hatte die Klage noch mit der Begründung abgewiesen, dass Mitarbeiter keine Empfänger im Sinne der Datenschutzgrundverordnung seien. Das Landgericht sah dies allerdings anders: Mitarbeiter seien nur dann keine Empfänger, wenn diese die Daten unter der Aufsicht des Verantwortlichen und im Einklang mit seinen Weisungen verarbeiteten.

Interessant: Das Gericht verurteilte das Unternehmen auch dazu, den Mitarbeitern die Verwendung der Daten zu untersagen auf Basis von §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Dies ist insofern interessant, als das OLG Frankfurt am Main kürzlich noch geurteilt hatte, dass Unterlassungsansprüche nach nationalem Recht, insbesondere ein Anspruch aus den §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 823 Abs. 2 BGB aufgrund der durch die DSGVO unionsweit abschließend vereinheitlichen Regelung des Datenschutzrechts ausgeschlossen sind (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 30.3.2023 – 16 U 22/22).

Für die Mitarbeiterin wird die Sache noch interessant: Hat sie weisungswidrig gehandelt, wurde sie mit der Kontaktaufnahme über das soziale Netzwerk gegebenenfalls selbst zum Verantwortlichen und unterfällt damit dem Datenschutzrecht. Damit kann gegen sie ebenso ein Bußgeld verhängt werden.

Die Übermittlung von Daten außerhalb der EU, wie sie bei der Nutzung vieler sozialer Netzwerke geschieht, wird ein weiteres Problem sein.

Fazit

Auch wenn es heute fast schon üblich geworden ist, die Mittel der schnellen Kontaktaufnahme zu nutzen, ist dies datenschutzrechtlich sehr riskant.

2 Gedanken zu „Unternehmen dürfen Kundenkommunikation nicht über Social-Media-Accounts ihrer Mitarbeiter führen“

  1. Sehr geehrter Herr Nörr,

    vielen Dank für Ihren aufschlussreichen Blogbeitrag zum Urteil des Landgerichts Baden-Baden. Als Online-Marketing-Agentur, die eng mit Kundenkommunikation und Social-Media-Management verbunden ist, erkennen wir die Bedeutung und die Implikationen dieses Urteils vollkommen.

    Ihr Beitrag hebt ein wesentliches Spannungsfeld hervor, das in der heutigen digitalen Kommunikationslandschaft immer relevanter wird: die Verwendung privater Social-Media-Accounts von Mitarbeitern für geschäftliche Zwecke und die damit verbundenen datenschutzrechtlichen Herausforderungen.

    Besonders interessant finden wir die juristische Bewertung des Gerichts, dass Mitarbeiter als Empfänger der personenbezogenen Daten angesehen werden können, wenn sie nicht im Einklang mit den Weisungen des Unternehmens handeln. Dies stellt einen bedeutsamen Präzedenzfall dar, der weitreichende Auswirkungen auf die Handhabung der Kundenkommunikation über private Kanäle haben könnte.

    Aus der Perspektive des Online-Marketings ist dieser Fall ein klares Signal an Unternehmen, ihre Kommunikationsprotokolle zu überdenken. Die Bedeutung einer strikten Trennung zwischen privaten und geschäftlichen Kommunikationskanälen sowie die Notwendigkeit einer klaren Richtlinie und Schulung für Mitarbeiter im Umgang mit personenbezogenen Daten wird durch dieses Urteil unterstrichen.

    Zudem zeigt der Fall, wie wichtig es ist, alternative Kommunikationswege wie E-Mail oder Telefon zu nutzen, anstatt auf Social-Media-Plattformen auszuweichen, die nicht nur datenschutzrechtliche Risiken, sondern auch die Gefahr einer unkontrollierten Datenübertragung ins Ausland bergen.

    Ihr Hinweis auf das mögliche Bußgeld gegen die Mitarbeiterin für weisungswidriges Handeln unterstreicht zusätzlich die Notwendigkeit, dass Unternehmen ihre Datenschutzrichtlinien ernst nehmen und diese konsequent umsetzen.

    Ihr Blog ist eine ausgezeichnete Quelle für fundierte rechtliche Analysen, die uns dabei helfen, unsere Kunden effektiv und rechtskonform zu beraten.

    Mit freundlichen Grüßen aus Neuss,

    Šukri Jusuf

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