Durchsuchungen bei Google Fonts-Abmahnenden

Gegen Rechtsanwalt Lehnert und dessen Mandanten Martin Ismail ist nun ein Ermittlungsverfahren wegen Abmahnbetrugs eingeleitet worden, wie unter anderem heise online berichtet. Es habe Durchsuchungen gegeben und teilweise wurde erhaltenes Geld per Arrest eingefroren.

Die Ermittlungen fußen hauptächlich darauf, dass die Websites gar nicht von Martin Ismail aufgerufen wurden, sondern automatisiert per Webcrawler nach Google Fonts gesucht wurde. Ein Webcrawler ist aber keine natürliche Person, sodass hier der Anwendungsbereich der DSGVO gar nicht eröffnet ist (Art. 1 Abs. 1 DSGVO). Zudem ist die Abmahnung dann auch rechtsmissbräuchlich.

Ob, wie in dem Artikel auch behauptet, wirklich strittig ist, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden, mag ich bezweifeln. Google behauptet dies zwar, räumt aber auch ein, dass sie die IP-Adresse erhalten. Die IP-Adresse ist nach der Entscheidung des EuGH, Urteil v. 19.10.2016, Az. C-582/14, nach herrschender Meinung als personenbezogenes Datum zu betrachten. Binde ich Google in meiner Website ein, liegt damit auch eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten i.S.v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO vor, indem ich diese übermittle. Weiteres Problem ist auch die Übermittlung in die USA, wo die Daten wohl verarbeitet werden.

Man sollte Google Fonts daher dringend lokal hosten. Das jetzige Ermittlungsverfahren ist aber sehr erfreulich.… Weiterlesen

Google-Fonts Abmahnung

Derzeit sind viele Schreiben im Umlauf, bei denen Betroffene 100 € Schmerzensgeld wegen des Einsatzes von Google Fonts verlangen.

Vorliegen einer Datenschutzverletzung

Eine Datenschutzverletzung liegt vor, wenn Google Fonts so eingebunden sind, dass die Schriftart von Google-Servern nachgeladen wird. Denn dort werden Daten an Google übermittelt, ohne dass eine Rechtsgrundlage für die Übermittlung vorliegt. Das berechtigte Interesse des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO ist nicht gegeben, da es an der Erforderlichkeit des Einsatzes fehlt (2. Stufe der Prüfung eines berechtigten Interesses, vgl. Orientierungshilfe der Aufsichtsbehörden für Anbieter von Telemedien, Dezember 2021, S. 30), denn die Schriftart kann auch lokal eingebunden werden.

Problem der Datenübermittlung in die USA

Die zweite Problematik ist ggf. eine Datenübermittlung in die USA. Denn nach dem Schrems-II-Urteil des EuGH (EuGH, Urteil vom 6.10.2015 – C-362/14) ist die einzige Rechtfertigung für die Übermittlung die Standardvertragsklauseln, bei denen allerdings der EuGH weitere zusätzliche Maßnahmen fordert, um die Daten vor den Zugriff der US-Behörden zu schützen.

Schmerzensgeldanspruch

Die Frage ist allerdings, ob wirklich der Schmerzensgeldanspruch besteht. Diese Frage ich umstritten. Nach der bisherigen Rechtsprechung der deutschen Gerichte gibt es Schmerzensgeld bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung nur, wenn diese schwerwiegend ist. Einzelne Gerichte haben daher mit dieser Begründung den Schmerzensgeldanspruch bei Datenschutzverletzungen verneint.… Weiterlesen

Blog wieder selbst gehostet

Seit heute ist der Blog aus Datenschutzgründen wieder auf einem eigenen virtuellen Server bei HostEurope gehostet.

Dies ermöglicht, WordPress datenschutzfreundlicher zu betreiben. Ein eigenes Hosting führt zu mehr Kontrolle über den Server und über die WordPress-Installation.

Nun kann auch komplett auf Cookies verzichtet werden. Der Cookie-Banner wurde daher entfernt.

Der Serverstandort ist auch in der Europäischen Union, im Rechenzentrum in Straßburg.

In der Vergangenheit war der Blog schon einmal komplett eigen betrieben. Aus Zeitgründen hatte ich dann auf eine Managed-Solution gesetzt, die allerdings nicht das von mir gewünschte Privacy-by-design bot.… Weiterlesen

Passwörter müssen nach Austausch des IT-Dienstleisters geändert werden

Das LG Köln (Urt. v. 18.05.2022, Az. 28 O 328/21) hat entschieden, das ein Unternehmen, das nach dem Wechsel des IT-Dienstleister die Zugangsdaten zu seinem System nicht ändert, gegen Art. 32 (Sicherheit der Verarbeitung) und Art. 5 Abs. 1 lit. f DSGVO (Sicherstellung eines angemessenen Sicherheitsniveau für die Verarbeitung von Daten) verstößt.

In dem konkreten Fall ging es um ein Unternehmen, welches Wertpapierdienstleistungen erbringt und den Kunden den Zugriff auf ein persönliches Dokumentenpostfach ermöglichte. Auf dieses Dokumentenpostfach konnten Hacker Zugriff erlangen, nachdem sie die Zugangsdaten durch einen Cyber-Angriff auf den ehemaligen IT-Dienstleister der Beklagten erbeuteten. Das Vertragsverhältnis zu dem IT-Dienstleister war bereits 2015 ausgelaufen. Eine Änderung des Passworts erfolgte seitdem nicht.

Die Beklagte wurde zu einem Schadenersatz von 1.200 € verurteilt.

Das Gericht hat es für ausreichend angesehen, dass das Versäumnis der Passwortänderung zumindest mitursächlich war. Der Nachweis, dass das nicht geänderte Passwort den Schaden alleine verursacht hat, war also nicht erforderlich. Bei der Schadensbemessung wurde berücksichtigt, dass die Daten in dem Dokumentenpostfach noch nicht missbraucht worden sind. Das Urteil zeigt wieder, dass es noch nicht zu einem Datenmissbrauch gekommen sein muss, um schadensersatzpflichtig zu werden.… Weiterlesen

Krankenhaus: Nur Behandelnde dürfen Zugriff auf die Akte haben

Das LG Flensburg hat entschieden (Urt. v. 19.11.2021, Az. 3 O 227/19), dass ein Behandlungsvertrag u.a. die selbständige Nebenpflicht (§ 241 Abs. 1 BGB) des Behandelnden begründet, dafür Sorge zu tragen, dass die zur Behandlung und ihrer Dokumentation erhobenen personenbezogenen Daten des Patienten nur zu erlaubten Zwecken verarbeitet werden, sei es durch den Behandelnden selbst oder durch seine Erfüllungsgehilfen. Dies bedeutet, dass nur die Personen Zugriff auf die Akte haben dürfen, die mit der Behandlung auch befasst sind.

Der Schmerzensgeldanspruch war aber verjährt. Das LG Flensburg hat klargestellt, dass die Anrufung der Datenschutzbehörde die Verjährung nicht hemmt, da diese keine Streitbeilegungsstelle iSd. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB ist.

Weiterlesen

Streit um die Eingangsbestätigung beim beA

Wenige Monate bevor Anwälte am 01.01.2022 verpflichtet sind, zukünftig Schriftsätze nur noch elektronisch über das besondere elektronische Anwaltspostfache (beA) einzureichen und nach schwerwiegenden Sicherheitsproblemen gibt es erneut Streit um das beA.

Der Streit dreht sich um die Empfangsbestätigung, dass eine beA-Nachricht bei Gericht zugegangen ist, also eine für Rechtsanwälte aufgrund der drohenden Haftung bedeutende Funktion des elektronischen Rechtsverkehrs.

Früher wurde beim Export der Nachrichten sichergestellt, dass die exportierten Nachrichten nach dem Export nicht mehr verändert werden können. Dies geschah dadurch, dass sämtliche mit der beA-Nachricht übermittelten Dokumente in einen ZIP-Container gepackt wurden und dieser mit einer entsprechenden Signaturdatei versehen wurde. Auf diese Weise war sichergestellt, dass die Nachricht nachträglich nicht mehr verändert werden konnte. . Seit einem Update Ende September wird die Signaturdatei nicht mehr erzeugt, was zu Kritik geführt hat. Anwälte hatten eine Petition gestartet, um wieder eine „rechtssichere Versanddokumentation im beA zu implementieren .

Die Bundesrechtsanwaltskammer hat nun reagiert und eine Stellungnahme veröffentlicht. Danach sei die Erstellung der Signaturdatei bisher überobligatorisch gewesen und das aktuelle System entspreche den Anforderungen des § 130a Abs. 5 ZPO. Darin heißt es:

(5) 1Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist.

Weiterlesen

Kein Bußgeld wegen DSGVO-Verstoß gegen Deutsche Wohnen

Die Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen muss doch nicht ein Bußgeld in Höhe von 14,5 Millionen € wegen einer nicht DSGVO-konformen Mieterdatenbank bezahlen. Der Berliner Datenschutzbeauftragte hatte gegen die Gesellschaft ein Bußgeldverfahren eingeleitet, weil die Deutsche Wohnen Daten von Mietern wie Gehaltsbescheinigungen, Selbstauskunftsformulare, Steuer-, Sozial- und Krankenversicherungsangaben gespeichert hatte und der Datenschutzbeauftragte die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht sah.

Gegen das festgesetze Bußgeld hatte die Deutsche Wohnen Einspruch eingelegt. Das Berliner Landgericht sah den Bescheid nun als unrechtmäßig an, weil das deutsche Recht eine strafrechtliche und ordnungswidrigkeitenrechtliche Verantwortung für juristische Personen nicht vorsieht. Der Bescheid hätte also gegen natürliche Personen ergehen müssen.

Ein Gesetzentwurf zur Schaffung eines Unternehmensstrafrechts wird derzeit diskutiert.… Weiterlesen

Wertersatz bei Widerruf einer Online-Partnerbörse

Der EuGH hat nun entschieden (Urt. v. 08.10.2020, C‑641/19), dass bei Widerruf eines Vertrages über eine Mitgliedschaft in einer Online-Partnerbörse (hier: Parship) nicht der volle Mitgliedsbeitrag bezahlt werden muss.

Was als Selbstverständlichkeit anmutet, war umstritten. Grundsätzlich kann man auf das Widerrufsrecht, welches Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen immer eingeräumt werden muss, nicht verzichten. Dies würde allerdings bedeuten, dass Unternehmen immer die 14-tägige Widerrufsfrist abwarten müssen, bevor sie mit ihren Leistungen beginnen. Das BGB sieht daher vor, dass das Unternehmen bereits vorher mit der Leistung beginnen kann, wenn der Verbraucher es ausdrücklich wünscht. Der Verbraucher kann dann trotzdem widerrufen, muss allerdings Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen zahlen.

Hier verlangten viele Partnerbörsen dann doch den vollen Betrag. Warum der volle Mitgliedsbeitrag und nicht der anteilsmäßigen Beitrag bis zum Widerruf? Weil die Partnerbörsen damit argumentierten, dass der Persönlichkeitstest diesen Wert habe. Und den erhalten die Mitglieder ja gleich zu Beginn vor Widerruf.

Der EuGH urteilte nun, dass der Vertrag im Ganzen betrachtet werden müsse. Dieser sehe eine Mitgliedschaft vor, die für einen bestimmten Zeitraum vergütet werden müsse und eben keine gesonderten Betrag für den Persönlichkeitstest. Bei einem Widerruf dürfen also nur die anteiligen Mitgliedsbeiträge als Wertersatz verlangt werden.… Weiterlesen

Vernichtung eines Werks kann den Urheber in seinem Urheberpersönlichkeitsrecht beeinträchtigen

§ 14 Urhebergesetz (UrhG) schützt den Urheber vor einer „Entstellung“ oder sonstigen Beeinträchtigung seines Werks. Lange war umstritten, ob auch die Vernichtung des Werks, zum Beispiel eines Bauwerks, unter diese Vorschrift fällt. Der Bundesgerichtshof hat nun in drei Urteilen entschieden, dass dem so ist. Allerdings müssen die Rechte des Architekten mit den Eigentumsrechten abgewogen werden.

Schutz vor Entstellung als Ausdruck des Urheberpersönlichkeitsrechts

§ 14 UrhG gehört zu den Vorschriften des sogenannten Urheberpersönlichkeitsrechts. Der Gesetzgeber sieht zwischen dem Urheber und seinem Werk ein geistiges und persönliches Band (BeckOK UrhR/Kroitzsch/Götting, 26. Ed. 15.10.2019, UrhG § 14 Rn. 1) und dieses Band soll nicht durch eine ungewollte Veränderung zerstört werden. Urheber, die an ihrem Werk besonders hängen, kennen dieses Gefühl. Geschützt wird der Urheber vor Entstellung oder einer anderen Beeinträchtigung seines Werks, wobei Entstellung jede Verschlechterung des Werks, Veränderung des Werkcharakters, Verzerrung oder Verfälschung der Grundauffassung des Werkes ist (BeckOK UrhR/Kroitzsch/Götting, 26. Ed. 15.10.2019, UrhG § 14 Rn. 10).

Die in der deutschen Architekturwelt wohl mit bekanntesten Fälle betrafen den Berliner Hauptbahnhof, wo der Einbau einer Flachdecke über der Nord-Süd-Strecke als Entstellung angesehen wurde (LG Berlin, Urt. v. 28.11.2006 – Az. 16 O 240/05, GRUR 2007, 964) als auch der Fall des Stuttgarter Hauptbahnhofs, wo sich die Erben des Architekten gegen den Abriss der Seitenflügel und der Treppenanlage der großen Schalterhalle wehrten, was allerdings als zulässiger Eingriff angesehen wurde, weil der Architekt hier schon länger verstorben war und seine Interessen daher nicht mehr das gleiche Gewicht wie zu seinen Lebzeiten haben (BGH, Beschl.Weiterlesen

„Fack ju Göhte“ nicht sittenwidrig

Dass sich die Wertvorstellungen geändert haben, sieht man auch immer wieder an Urteilen. Der EuGH hat nun entschieden, dass der Filmtitel „Fack ju Göhte“ nicht gegen die guten Sitten verstößt und deshalb als Marke eingetragen werden dürfe.

Nach Art. 7 Abs. 1 lit. f Unionsmarkenverordnung (UMV) dürfen Marken, die gegen die guten Sitten verstoßen, nicht eingetragen werden. Mit dieser Begründung verweigerte sowohl das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EuIPO) die Eintragung als auch das erstinstanzliche Gericht, das Gericht der Europäischen Union (EuG, Urteil vom 24.01.2018 – T-69/17).

Der EuGH hat nun entschieden (EuGH , Urteil vom 27.02.2020 – C-240/18 P), dass die Marke nicht gegen die guten Sitten verstößt. Er begründete dies damit, dass den ersten Teil des Films knapp 7,4 Millionen Zuschauer gesehen hätten und der zweite zu den größten deutschen Kinoerfolgen gehöre. Dies sei zwar nicht allein Ausdruck der gesellschaftlichen Akzeptanz des Titels, doch aber ein Indiz. Obwohl der Begriff „Fack Ju“ mit dem englischen Ausdruck „fuck you“ in Verbindung gebracht werden kann werde er vom allgemeinen deutschsprachigen Publikum nicht als moralisch verwerflich wahrgenommen.

Das EuIPO muss nun erneut über die Eintragung entscheiden.… Weiterlesen