Google-Fonts Abmahnung

Derzeit sind viele Schreiben im Umlauf, bei denen Betroffene 100 € Schmerzensgeld wegen des Einsatzes von Google Fonts verlangen.

Vorliegen einer Datenschutzverletzung

Eine Datenschutzverletzung liegt vor, wenn Google Fonts so eingebunden sind, dass die Schriftart von Google-Servern nachgeladen wird. Denn dort werden Daten an Google übermittelt, ohne dass eine Rechtsgrundlage für die Übermittlung vorliegt. Das berechtigte Interesse des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO ist nicht gegeben, da es an der Erforderlichkeit des Einsatzes fehlt (2. Stufe der Prüfung eines berechtigten Interesses, vgl. Orientierungshilfe der Aufsichtsbehörden für Anbieter von Telemedien, Dezember 2021, S. 30), denn die Schriftart kann auch lokal eingebunden werden.

Problem der Datenübermittlung in die USA

Die zweite Problematik ist ggf. eine Datenübermittlung in die USA. Denn nach dem Schrems-II-Urteil des EuGH (EuGH, Urteil vom 6.10.2015 – C-362/14) ist die einzige Rechtfertigung für die Übermittlung die Standardvertragsklauseln, bei denen allerdings der EuGH weitere zusätzliche Maßnahmen fordert, um die Daten vor den Zugriff der US-Behörden zu schützen.

Schmerzensgeldanspruch

Die Frage ist allerdings, ob wirklich der Schmerzensgeldanspruch besteht. Diese Frage ich umstritten. Nach der bisherigen Rechtsprechung der deutschen Gerichte gibt es Schmerzensgeld bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung nur, wenn diese schwerwiegend ist. Einzelne Gerichte haben daher mit dieser Begründung den Schmerzensgeldanspruch bei Datenschutzverletzungen verneint. Art. 82 DSGVO, der den Schadensersatzanspruch regelt, kennt diese Einschränkung allerdings nicht. Dort heißt es in Absatz 1:

Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss von 14.1.2021 – 1 BvR 2853/19) hat eine Entscheidung des Amtsgerichts Goslar (AG Goslar, Urteil vom 27.09.2019 – 28 C 7/19) aufgehoben, da dieses einen Schmerzensgeldanspruch wegen fehlender Schwerwiegendheit des Verstoßes abgelehnt hatte. Diese Frage hätte nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden müssen, womit das Amtsgericht das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) verletzt hat. In dieser Entscheidung sagt das Bundesverfassungsgericht auch, dass wohl ein weites Schadensverständnis bei Art. 82 DSGVO besteht.

Das LG München I, auf welches sich die bisherigen Schreiben stützen, hat tatsächlich einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 100 € zugesprochen (LG München I, Urteil vom 20.1.2022 – 3 O 17493/20).

Die Frage bleibt also spannend. Je nach Fall sollte derzeit eine individuelle Strategie verfolgt werden.

Ein Gedanke zu „Google-Fonts Abmahnung“

  1. Es ist schlichtweg falsch, das keine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der IP-Adresse besteht. In Gegensatz zu den Trackingtools , die Telemediendiensten bzw. Content zuzuordnen sind und damit der DS-GVO zugeordnet werden (siehe TTDSG) ist die Einbindung der Fonts keine reine Übermittlung.

    Fonts sind Content und werden von Contentprovidern bereitgestellt. Das Internet lebt faktisch von Contentprovidern und diese machen viel Sinn. Zudem sind in diesem Contentumfeld normalerweise keine pD zu verarbeiten.

    Die Übertragung der Daten im Internet wiederun erfolgt mittels Internetprotokoll bzw. TCP/IP. Die Datenpakete des Anforderers des Contents müssen sowohl zum und wieder vom Contentserver zurück übertragen werden. Dies erfolgt von Netzelement zu Netzelement der jeweiligen TK -Anbieter. Diese brauchen die jeweiligen IP-Adressen, diese müssen aber nicht die IP des Computers sein, sondern können übersetzt oder verschlüsselt sein.

    Die Verarbeitung von IP-Adressen ist notwendig zur Übertragung dieser Daten und wird der Telekommunikation zugerechnet. Hier gibt das TTDSG die erforderliche Rechtsgrundlage.

    Kann ich gerne in einem Verfahren weiter ausführen. Leider hat das LG M bar jeglicher technischer Kompetenz entschieden. Das sollte aufgearbeitet werden, danit dieser Spuk aufhört.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert